Haguenau, Geburtsstätte der Weihnachtskrippen im Elsass

Im Jahr 1420 wird in einem im Stadtarchiv von Haguenau aufbewahrten Register die Errichtung einer Krippe in der Kirche Saint Georges erwähnt. Satz aus den Originalheften von 1420: "Ebenso hat die Herstellung der von Zweigen umgebenen Krippe an den Außenmauern von St. Georg 4 Schilling minus 4 Pfennig gekostet. Hermann lieferte die besagten Zweige". Dies ist der älteste schriftliche Beleg für die Existenz einer Krippe in Haguenau, fast zweifellos im Elsass! Das Stadtarchiv von Haguenau bewahrt in der Serie GG "Culte et assistance publique" (Kult und öffentliche Fürsorge) die Finanzkonten der Kirche Saint-Georges von 1409 bis 1793 auf. Dies entspricht 558 Heften und 6799 Buchungsbelegen, die in 93 Bündeln aufbewahrt werden. In diesen 584 Jahren wurden alle Einnahmen und Ausgaben von den aufeinanderfolgenden "werkmeister" (Einnehmer) gewissenhaft aufgezeichnet. Die Ausgaben sind äußerst vielfältig: Reparatur und Instandhaltung der Kirche und ihres Eigentums, Kosten für den Gottesdienst, Kauf von Ornamenten, Gemälden und Skulpturen, die für die Kirche angefertigt wurden, Gehälter der Küster, Kauf von Kerzen, Hostien, Wein, Messbüchern, Alben, Altardecken, Reparatur von Bänken, Orgeln, Glocken... und ihrer Seile, Rechnungen von Maurern, Zimmerleuten, Glasern, Tischlern, Zieglern, Schlossern, Seilereien, Ofenbauern, Wagnereien, Schornsteinfegern... Man findet auch prestigeträchtigere Ausgaben wie den Erwerb des monumentalen Christus von Clemens von Baden im Jahr 1488, den Bau der Kanzel durch Veit Wagner im Jahr 1500 oder die Kustodie von Friedrich Hammer, die 1523 fertiggestellt wurde - alle drei sind heute noch zu sehen. Überraschender sind der Unterhalt eines Schafstalls oder Darlehen, die der Stadt für ihre Militärausgaben gewährt wurden, oder die Anschaffung einer kleinen Feuerlöschpumpe ... mit Eimern. Da all diese Ausgaben natürlich ohne die damit verbundenen Einnahmen nicht möglich sind: Spenden, Verkäufe, Renten, Mieten, Pachten, Rückzahlungen von Darlehen, Opfergaben anlässlich der großen religiösen Feste (Ostern, Pfingsten, Allerheiligen, Weihnachten), aber auch bei den Kollekten ... täglich! Die Pfarrei Saint-Georges erhob auch den Zehnten (das Zehntel der Produkte des Bodens und der Viehzucht, 1789 abgeschafft) auf Heu, Getreide (Roggen, Hafer, Weizen, Gerste, Hirse, Weizen, Bohnen, Erbsen, Linsen, Dinkel...), Rüben, Wein und "Blut" (Tiere: Lämmer, Kälber, Fohlen, Spanferkel). Sie verkaufte auch Holz, Wein, Mehl und gegen Ende auch Weizen aus der Türkei (Mais), Kartoffeln und sogar Tabak! Eine ungewöhnliche Einnahmequelle waren Glockenläuten, wie das "Selgeret", das man für das Seelenheil der eigenen oder einer anderen Person läuten ließ, oder andere Läutezeichen für Todesfälle ... oder Geburtstage. Wir schreiben also das Jahr 1420. Pierre Eckard und Georges Mertzwiller sind die Werkmeister des St.-Georgs-Werks. Sie notieren Tag für Tag gewissenhaft die Ausgaben und Einnahmen in einem bescheidenen kleinen Heft mit 36 Papierblättern, 11 mal 29,5 Zentimeter groß. Der Einband besteht, wie so oft in dieser Zeit, aus wiederverwendetem Pergament. In diesem Fall besteht er aus zwei Pergamenten, einem von 1418 und einem von 1420, die durch ebenfalls aus Pergament bestehende, 5 Millimeter breite Bänder "zusammengenäht" wurden. Auf dem 25. Blatt, zwischen einem Kauf von Hostien und Kerzen, heißt es: "It. 4 ß on 4 d koste die kripfe zu machende die ußwenig an der sanct Jergen muren stet und umb gerten dar zu / herman gap die stecken darzu vergeben". Nämlich: "Ebenso kostete die Herstellung der von Zweigen umgebenen Krippe an den Außenmauern von Sankt Georg 4 Schilling minus 4 Pfennig. Hermann lieferte die besagten Zweige". Die Gerten sind höchstwahrscheinlich aus Haselnuss oder Weide, biegsame Zweige, die man flechten kann, während die Stecken steifere, senkrechte Zweige bezeichnen. Diese drei bescheidenen Zeilen, die 1420 mit Gänsefeder und schwarzer, leicht verblasster Tinte geschrieben wurden, sind wahrscheinlich der älteste Hinweis auf eine Krippe in einer Kirche. In Haguenau, fast zweifelsfrei im Elsass, ja vielleicht sogar für das gesamte Heilige Römische Reich Deutscher Nation! Bis zum Beweis des Gegenteils... In Sélestat findet man 1521 die älteste Erwähnung des "Weihnachtsbaums", in Straßburg stammt der Weihnachtsmarkt aus dem Jahr 1570... Mit Haguenau und seiner Krippe aus dem Jahr 1420 ist das Elsass eindeutig die Wiege des Weihnachtsmärchens!